Lange
waren Marathonmann eine Randerscheinung in meinem
Plattenregal.
Das
lag weniger an der Qualität der Musik als an meinem Musikgeschmack,
der sich gerade erneut im Wandel befand. Ich war wenig empfänglich
für den harten Post-Punk, der mir damals mit ihrem Album „Mein
Leben gehört Dir“ entgegenschwappte. Jedoch erschien Ende März
ihre Single „Schachmatt“ und kurz danach „Nie genug“
die durchaus Lust auf mehr machten. Letztere löste sogar ziemlichen
Hype bei mir aus. Diese beiden Songs lassen sich auf dem neuen Album
der Jungs finden, dieses erschien am 19. Juli und hört auf den Namen
„Die Angst sitzt neben Dir“.
Mit
„Totgeglaubt“ wirft man dem Rezipienten direkt kaltes
Wasser ins Gesicht. Nach einem kurzen Intro, beginnt man direkt mit
Lyrics auf einem monoton Gitarrenspiel. Kurz danach bricht
Marathonmanns Punk auf uns los. Sofort merkt man, dass hier Niemand
etwas verlernt hat. Das Instrumental gibt eine ohrwurmanregende
Melodie und der Text ist genial wie immer.
Mit „Flashback“ und „Nie Genug“ haben wir auch direkt zwei der, wirklich starken Singles im Doppelpack.
Mit „Flashback“ und „Nie Genug“ haben wir auch direkt zwei der, wirklich starken Singles im Doppelpack.
„Flashback“
kommt direkt mit dem typischen Marathonmann Post-Punk Sound
daher.
Während
der Opener stimmlich noch weniger rau und sehr clean war, kehrt man
hier zu „Holzschwert“ zurück und das schafft Abwechslung. Der
Song ist härter und regt, mit seinen Riffs und punktierten
Schlagzeugschlägen, zum heimischen poggen ein. „Nie genug“
bildet dann das komplette Gegenteil. Hellere Klangfarben, sehr
melodisch und stimmlich clean. Hier sein mal die Texte von
Marathonmann erwähnt. Diese waren schon immer hervorragend,
lyrisch wie rhythmisch. Jeder Song greift ein anderes Thema auf und
schafft dadurch eine Abwechslung, in der sich jeder irgendwo
wiederfindet. So geht es bei „Nie genug“ darum, dass die
Gier überhand nimmt und bei Menschen niemals ein Sättigungsgefühl
einsetzt, was uns immer mehr kaputt macht.
„Nie
genug“ bleibt im Ohr und war, wie schon erwähnt, der Song
welcher den Hype in mir vollkommen gemacht hat.
Mit
„Alles wird gut, Alice“ kocht uns Marathonmann dann wieder
runter, das gar fröhliche Gitarrenspiel wird umgewandelt und zu
einem melancholischen und traurigen Instrumental.
Generell
wirkt der Song etwas, wie ein Zwischenton. Er ist irgendwie
nichts ganzes, aber auch nicht wegzudenken. Er bleibt leider kaum im
Kopf und ist eher so ein B-Seiten Kandidat, was aber weniger
an der Qualität seiner selbst als an der Qualität der anderen Songs
liegt.
„Die
Vergessenen“ folgt und man geht wieder zurück zum typischen
Marathonmann-Sound.
Punkiges
Intro, das absolut in Ohr und Hirn hämmert.
Michaels
Stimme setzt ebenso punkig ein und leitet durch den Song. Immer
wieder bricht er dabei aus und geht in einen Schreipart über,
welchen Fjort nicht besser aufnehmen könnte.
Danach
folgt ein kompletter Bruch. „Die Bahn“ ist eine
melancholische Ballade, welche in seiner Laufzeit wenig mehr als
3-4 Gitarrenakkorde hören lässt. Darauf wird
ebenso ruhig gesungen und erst gegen Ende erhebt sich alles etwas.
Dieser Bruch wirkt und zwar nachdrücklich. Sowohl textlich als auch
instrumental wird man hier mitgenommen und findet ein Gefühl der
Einsamkeit.
Wo
wir schon bei Brüchen wären, mit „Schachmatt“ folgt die
erste Single des Albums. Diese ist ganz typisch für die Jungs und
hätte auch gut auf Holzschwert Platz gefunden. Sie ist hart,
treibend und schnell, die Bridge nach den Strophen ist mit dem
Refrain eine Garant für einen hervorragendes Liverlebnis. Am Ende
des Refrains lässt man dann auch endlich einen richtigen Scream raus
und sogar ein Breakdown ist im Song. Marathonmann zeigen mal
wieder, wie deutscher Post-Punk geht und wie es sich anhören sollte.
Großartiger Song.
Mit
„22 Meter Sicherheitsabstand“ geht es wieder zurück zum
eher fröhlichen von „Nie Genug“, leichte poppige Klänge
im Intro inklusive. Die Stimme ist hier schnell und eher gesprochen.
Der Refrain ist sehr rau aber trotzdem melodisch. Im Kern könnte man
den Song als Mischung aus „Nie genug“ und
„Schachmatt“ bezeichnen. Definitiv eines
der Highlights.
„Stigmata“
folgt und haut uns direkt feinsten Punk Rock um die Ohren. Der ganze
Songs klingt sehr nach Bands wie Rogers oder Engst,
jedoch hat man dem ganzen einen eigenen Touch gegeben und einen
weiteren hervorragenden Text geschrieben, der zum nachdenken anregt.
„Tausende
Augen“ ist wieder ein Umschwung, ein ruhiger und trotzdem rauer
Song. Der durch seinen Gesang an eine Rede erinnert, während die
Instrumente im Hintergrund paradegleiche Rhythmen von sich
lassen. Im Refrain wird man dann sehr pompös, man baut eine Spannung
auf um sie dann mit einer Art Chor im Hintergrund zu entlassen.
Nach
„Hobbs Ende“ folgt dann mit „Am Ende Nichts“,
der letzte Song des Albums.
Man
fährt das Ganze sicher nach Hause und setzt eine Ballade ans Ende,
die allerdings anders ist als „Die Bahn“. Keine
reduzierten Instrumente, lediglich sehr melancholisch und wieder
traurig und gar depressiv, was durchaus zum Text passt, „Wie
lang dauert es bis es unendlich ist?“
Der
Song plätschert leider etwas zu sehr vor sich hin und
bleibt nicht lang im Ohr, was wie bei „Alles wird gut, Alice“
auch daran liegt, dass wir eine wesentlich beeindruckendere
Ballade in der Mitte der Scheibe haben.
Es
ist leichter als gedacht, ein Fazit zu „Die Angst sitzt neben Dir“
zu ziehen.
Marathonmann
haben hier definitiv ihr bestes Album abgeliefert. Sie gehören zu
den Bands, die immer wieder zeigen, dass Punk Rock noch nicht ganz so
tot ist, wie einige ihn gern hätten.
„Die
Angst sitzt neben Dir“ verbindet Post-Punk mit reinem Punk und
Metalcore Passagen und formt daraus ein hervorragendes Album, welches
definitiv betrachtet werden muss, wenn man über das Album des Jahres
redet.
Marathonmann
sind wieder da und haben uns einen wundervollen Teppich aus
Melancholie, Melodie und Punk mitgebracht, große Klasse!
![]() |
©Marathonmann |
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen